Geschichte
Südthüringens Die Thüringer
Landschaft glich bis in das Mittelalter einem Waldmeer. Nur schrittweise
erfolgte die Besiedlung der Täler. Siedlungen von einiger Dauer begannen
daher im Gebirge frühestens vor rund 900 Jahren. Wohl haben
vorgeschichtliche Völker das Thüringer Waldgebirge von Norden und Süden
her jederzeit überschritten, doch haben sie immer nur die Vorlande, nie
die eigentlichen Gebirgsregionen besiedelt. Der Erschließung und
Urbarmachung des Gebirges am Thüringer Wald ging Besiedlung des
Vorlandes voraus. Dabei spielen die Franken, unter deren Einfluß im 8.
und 9. Jahrhundert gesellschaftliche Verhältnisse entstanden, die durch
die ökonomische und politische Herrschaft des Feudaladels über die
Bauern gekennzeichnet sind, eine bedeutende Rolle. Mit der Ausbreitung
und Festigung der fränkischen Feudalmacht ging die Christianisierung und
kirchliche Organisation des Landes Hand in Hand.
Bereits vor der Jahrtausendwende
drangen fränkische Siedler in die Täler der Hasel und Schwarza vor. In
diese erste Rodungsperiode des 8. und 9. Jahrhunderts fallen die
Gründungen der ,,Hausen" -Dörfer des Werratales und des fränkischen
Grabfeldes. Das nördliche Endglied der Hausensiedlungen im Haselgebiet
bildet Benshausen, dessen Gründung wahrscheinlich bereits im 8.
Jahrhundert erfolgte.
In der Hauptrodungszeit vom 11. bis 13.
Jahrhundert, nachdem die Menschen ihre Werkzeuge und technischen
Fähigkeiten weiterentwickelt hatten, erreichte der Landesausbau auch
höhere Lagen. Auch die Entstehung Steinbach-Hallenbergs fällt in diese
Rodungsperiode, in der Siedlungen in Form des Straßendorfes und des oft
mehrere Kilometer langen Reihendorfes mit Waldhufen in die Täler des
Thüringer Waldes eindrangen.
Die Erschließung des Waldgebirges
erfolgte talaufwärts, als Beweis mögen die zeitlich später anzusetzenden
Gründungen der Walddörfer Unter- und Oberschönau anzusehen sein, die
erst im 14. und 15. Jahrhundert durch gewerbetreibende Siedler
erschlossen wurden. Seit der Mitte des 11. Jahrhunderts setzte vom
Süden, vom Grabfeld und vom Maingebiet der, die Rodungstätigkeit in
Richtung Rennsteig verstärkt ein. Die gebirgige Lage der hier
entstehenden Siedlungen setzte von Anfang an der landwirtschaftlichen
Erschließung des Bodens Grenzen, für Ackerbau war der Boden vielerorts
zu karg und die Bearbeitung der Hänge sehr beschwerlich. Zudem waren die
Berge bis ins Tal meist noch mit undurchdringlichem Urwald bedeckt. Der
natürliche Reichtum des Landes an Wald wurde daher vor allem von Köhlern
und Waldarbeitern genutzt.
Durch die Rodetätigkeit der
einheimischen Siedler, die den Wald lichteten, den Lauf der wilden
Gebirgsbäche regulierten und die versumpften Niederungen trocken legten,
wurden auch zahlreiche Bergleute angelockt, um den Erzreichtum des
Gebirges zu erschließen.
Hier auf der Südseite des Thüringer
Waldes um Brotterode, Steinbach-Hallenberg, Zella-Mehlis und Suhl wurden
schon frühzeitig wichtige Vorkommen an Eisen- und Kupfererzen entdeckt.
Bereits im 15. und 16. Jahrhundert gingen der Bergbau und die
eisenverarbeitenden Gewerbe ihrer ersten Blütezeit entgegen.
Während jedoch die gebirgige Lage der
wirtschaftlichen Erschließung des Bodens Grenzen setzte, boten die schon
frühzeitig entdeckten wichtigen Vorkommen an Eisen- und Kupfererzen, der
natürliche Reichtum des Landes an Wald und das Vorhandensein der
Wasserkraft die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Besiedlung des
Steinbacher Grundes. Das Schürfen nach Erzen im Thüringer Wald ist schon
für die Zeit vor der Jahrtausendwende urkundlich bezeugt. Wenngleich aus
dem Gebiet um Steinbach-Hallenberg schriftliche Zeugnisse über
Eisengewinnung und Eisenverarbeitung erst aus dem 14. Jahrhundert
vorliegen, zeugen doch eingesunkene Stollen und Schächte, Pingenzüge und
Schlackenhalden in den umliegenden Fluren am Arzberg, Arnsberg, an der
Burg, am Kirchberg, Vorderlautenberg, Schützenberg und am Kalten Markt
sowie charakteristische Flurnamen (Arzberg, Silberwiesen,
Steinkernshohle) noch von dem hier früher blühenden Bergbau. Es liegt
nahe anzunehmen, daß die konkurrierenden Feudalgeschlechter im
Südthüringer Raum in der Zeit des verstärkten Landesausbaus auch von den
Erzlagern im Tal der Hasel angezogen wurden.
Fernstraßen
In dem gebirgigen Gelände war natürlich von
ausgebauten Straßen wie wir sie heute kennen, keine Rede. Es handelte
sich hierbei oft um behelfsmäßig hergerichtete, an sumpfigen Stellen
durch Knüppeldämme befahrbar gemachte, schmale Gebirgsstraßen oder
Hohlwege, die dem Reise- und Fuhrverkehr manche Schwierigkeiten
bereiteten.
Die Straßen des Mittelalters sind Höhenwege,
denn die Gebirgstäler waren ursprünglich meist mit dichtem Haselgestrüpp
und Buschwerk bewachsen und in vielen Fällen versumpft und von
Wasserläufen durchzogen. Erst seit dem 13. Jahrhundert werden die
Verkehrswege in die Täler verlegt, die jetzt schon vielfach von
Siedlungen erschlossen sind. Der Rennsteig, der als alter,
wahrscheinlich schon von den Franken angelegter Gebirgspfad auf dem Kamm
des Thüringer Waldes entlang läuft, wurde oft als Verbindungsweg
zwischen Anstieg und Abstieg der über das Gebirge führenden Straßen
benutzt. Ausspannen, an denen der Pferdewechsel erfolgte, waren in
bestimmten Entfernungen auf der Höhe des Rennsteiges angelegt und
dienten der Erleichterung des Reise- und Fuhrverkehrs.
Reges Treiben herrschte auf den
mittelalterlichen Verkehrswegen des Thüringer Waldes. Fuhrleute brachten
die Produkte und Fabrikate des Nordens wie Waid und Wolle nach Süden und
von Franken her die Waren der süddeutschen Handelsplätze wie Gewürze,
Tuche und Wein nach dem Norden.
Auf den Straßen keuchten schwer bepackte Träger,
ritten Kaufleute und Reisende. Sie wurden begleitet und beschützt von
bewaffneten Geleitsleuten. Auch die Produkte des Waldes, Holz- und
Eisenwaren, Kohlen, Pech, Kienruß und Eisen, mußten ihren Weg über den
Rennsteig finden.
Neben den wirtschaftlichen Voraussetzungen für
die Besiedlung dieser Gegend spielte schon um die Jahrtausendwende der
Fernverkehr über die Pässe des Thüringer Waldes eine wichtige Rolle. Von
den Höhenwegen, die im Mittelalter die Verbindung zwischen Franken und
Thüringen herstellten und dieses Gebiet berührten, sind zwei alte
Straßen von Bedeutung, die für die Siedlung im Tal der Hasel den
Anschluß an das mittelalterliche Wegenetz über das Gebirge bewirkten.
Die Moosburger Hohe Straße
Im Verkaufbrief der Frankensteiner vom
10. August 1330 ist außer dem Rennsteig auch eine "Hohe Straße" als
Jagdgrenze überliefert. Sie wird hier für das Schmalkalder Gebiet
erstmals urkundlich erwähnt und muß mit großer Sicherheit auf den
bewaldeten Höhen zwischen Christeser und Stiller Tal zu lokalisieren
sein. Archäologisch ist sie durch viele Hohlweggräben nachweisbar.
Schon vor 1115 war sie die östliche
Schmalkalder Gebietsgrenze, bis zu der die Thüringischen Ludowinger
vordringen konnten. Der 1246 zum König gewählte letzte Vertreter dieser
Linie, Heinrich IV., demonstrierte am 16./25. Mai 1228 den Besitz des
Gebietes, indem er auf der Moosburg zwei Urkunden ausstellte.
Dieser alte Höhenweg trug zwischen
Meiningen und dem Rennsteig die Bezeichnung "Hohe Straße", auch "Fuldaer
Straße". Noch im Jahre 1420 beeidete eine Reihe von Zeugen, unter ihnen
Bauern und Bürger von Ohrdruf, Tambach, Christes, Breitenbach,
Mittelstille und Steinbach sowie die Räte von Ohrdruf und Wasungen und
die Handwerke von Schmalkalden, den Verlauf der "Hohen Straße".
Ernst Koch hat 1916 die Urkunden über
den Verlauf der Hohen Straße veröffentlicht. Sie war eine
Fernverkehrsstraße von Thüringen nach Franken zwischen dem Nesselberg
und der Moosburg im Norden sowie dem Breuberg und Meiningen im Süden.
Dabei haben sich auf den Höhen südlich
von Schmalkalden die Fernwege aus Süd und West getroffen, also aus
Mainfranken und Fulda. Der westliche Zweig hieß dabei "Fuldaer Straße".
Das erklärt vielleicht, weshalb Kunihilt 874 ihr Gut in Schmalkalden dem
Kloster Fulda vermachte.
Es gab aber auch enge Beziehungen
zwischen Thüringen und Würzburg, seit die Thüringer Herzöge von Würzburg
aus regierten. Bonifatius gründete 724 in Ohrdruf ein erstes Kloster und
742 in Erfurt ein Bistum.
Der kürzeste Weg von Würzburg nach
Erfurt führte aber über die Hohe Straße und die nördlich der Moosburg
abzweigende Meinoldestraße.
Die Straße kam von Mellrichstadt,
Neustadt und Schweinfurt nach Meiningen zur Breuberghöhe, erreichte
nördlich vom Metzels Tränkrit und stieß auf den Höhen nordwestlich von
Christes auf die Fuldaer Straße. Von dort gelangte man nordwestwärts
über den Dreiherrenstein und das Henneberger Haus und von dort
einerseits nach Schmalkalden und andererseits nach Osten über die
Wasserscheide von Hasel und Stille. Die Straße machte also einen Bogen
von den Schmalkalder Südhöhen um das östliche Stilletal nach Norden.
Zwischen Koppenstein und Moosburg
führte sie zur Rotteroder Höhe. Hier mündete eine Nebenstrecke von
Christes über Mittelstille. Außerdem kreuzte eine alte Straße, die
Eisensteinstraße, die aus dem Ebertsgrund über die Hefteliete kam. Von
der Rotteroder Höhe erklomm die Straße den Hang am Gasberg in heute noch
feststellbaren Hohlwegen zur Ellertorhöhe, wo eine Straßenwarte zu
vermuten ist und Hohlwege über Asbach und die Birkliete einmündeten.
Über die Neuhöfer Wiesen erreichte sie
dann den Nesselberg. Am Hof auf der Loibe zweigte die Meinoldestraße
(=Meininger Straße) ab. Die Hohe Straße verlief dann weiter über den
Sperrhügel zum Krämerod am Nesselberg und von dort über Tambach-Dietharz
nach Gotha und Erfurt.
Noch im 16. Jahrhundert bildete diese
Straße im Raum Springstille - Altersbach die Grenze zwischen dem Amt
Schmalkalden und der Zent Benshausen. Im Jahre 1548 wird diese Grenze
als "Landwehr" der Zehnt Benshausen überliefert. Und 1589 schied der "Hoe
Wegk" als natürliche Grenze das Amt Schmalkalden von der Zent
Benshausen.
Außerdem war die Straße aber auch die
Paßstraße über den Kamm des Thüringer Waldes. Die Straßen des frühen
Mittelalters waren ja Höhenwege. Aber seit dem 13. Jahrhundert wurden
sie in die Täler verlegt. Diese Verkehrsverlagerungen machten dann eine
Schutzburg wie die "Moosburg" überflüssig. Weil offenbar Berthold VII.
den Nord-Süd-Verkehr nach Schmalkalden verlagern wollte, kam es zu
Einbußen beim Geleitsgeld. Die Moosburger befehdeten deshalb den
Henneberger, der 1314 die Burg einnahm und zerbrach.
Rotterode wird in diesem Zusammenhang
überhaupt nicht erwähnt. Aber das lag nicht daran, daß es vielleicht
noch Frankenstein'sches Lehen war, wie Geisthirt vermutet. Ein Hohlweg
von der Burg zum Dorf läßt auf die gleichzeitige Existenz des Dorfes
schließen, das sozusagen die ökonomische Basis der Burg war.
Rotterode, die Hohe Straße und die
Moosburg waren schon 1314 eine zu Schmalkalden gehörende Gebietseinheit,
die 1115 von den Wartburger Edelfreien in Besitz genommen wurde, 1247 an
Hermann von Henneberg-Coburg kam und 1291 im Erbgang an die
Brandenburger Markgrafen, von denen sie Berthold VII. im Jahre 1312
zurückkaufte.
Die Meinoldesstraße: Bereits im 12.
Jahrhundert war die "Meinoldesstraße" bekannt. Sie erreichte, von
Ohrdruf kommend, den Rennsteig am Donnershauk. Von hier aus lief sie auf
ihm entlang über den Wachsenrasen bei Oberschönau ebenfalls zu den
weiter westlich gelegenen Neuhöfer Wiesen, wo sich die Ausspanne befand.
Dort begann der Abstieg der "Hohen Straße" in das Moosbachtal hinab. Die
Siedlungen im Tal der Hasel wurden von der "Hohen Straße" nicht direkt
berührt. Sie lagen aber in ihrem Einzugsbereich und dürften frühzeitig
Verbindungswege durch das Moosbachtal und zur Stiller Höhe besessen
haben.
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